Unsterblich

Unsterblich waren wir, dem Himmel so nah, Göttern gleich. Wir wähnten uns unverwundbar, beide Beine tief in der Erde verwurzelt, den Kopf ins gleißende Licht der Sonne getaucht. Wenn wir in den Spiegel blickten, sahen wir einem Stern ins Gesicht. Wir waren wie Feuer: wild und gewaltig. Unbesiegt, bis zu dem Tag, an dem wir erwachten. Vielleicht nur ein Mückenstich, der uns aus dem Schlaf riss, ein Haar, das zu Boden fiel, oder der Flügelschlag eines Vogels am anderen Ende der Welt.

Kein Mitleid

Kein Mitleid mit dem Fremden im Spiegel. Blass und ausgezehrt das Gesicht, der Blick trüb ins Nichts gerichtet oder in ein inneres Exil. Seine Hände zittern, das Fieber steigt – bedauernswerter Sterblicher, von den Göttern verlassen. Was ist dir geblieben? Schweiß auf deiner Stirn, Tränen in deinen Augen. So groß bist du einst gewesen, dass dir die Welt zu eng wurde. Nun gehst du gebückt, du kriechst auf allen vieren. Kein Mitleid. Bloß noch der Schmerz.