In der Nacht

In der Nacht kehrt die Angst zurück, wie eine Katze, die ums Haus schleicht: heimlich und unerwünscht. Ein Besucher, den man widerwillig zur Tür hinein bittet, weil man ihn flüchtig zu kennen glaubt. Es ist immer so. Tag für Tag drehen wir uns im Kreis. Nacht für Nacht. Die Angst vor den Sternen, die auf unserem Dach strandeten. Die Angst vor dem richtigen Wort zur richtigen Zeit. Die Angst vor der Dunkelheit in den Augen, die uns ansehen, wenn wir allein sind.

Meine Rückkehr von den Sternen

Meine Rückkehr von den Sternen in eine Welt, die mir fremd geworden ist, seit ich sie verließ. Es kommt mir vor, als wäre ich nur wenige Tage fort gewesen, in Wahrheit ist es ein ganzes Menschenleben. Nichts ist mehr, wie es war, nichts, wie ich es kannte, selbst die Sonne glüht nun in einer anderen Farbe oder vielmehr: in einer anderen Tonart. Menschen sehen mich an wie ein Relikt aus längst verblassten Träumen, sehen durch mich hindurch wie durch eine Erinnerung, die ihnen im nächsten Moment entgleitet. Wir sprechen keine gemeinsame Sprache mehr, mein Flüstern wird in euren Ohren zu Geschrei, mein Rufen verhallt ungehört – fast wie im luftleeren Raum. Vielleicht bin ich gestorben, irgendwann, auf meiner Reise durch die Dunkelheit. Meine Rückkehr: bloß der letzte Gedanke einer Leiche im Exil.

Worauf wartest du noch

Worauf wartest du noch – ist nicht längst alles entschieden? Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, und du tust so, als wüsstest du von nichts. Die Dunkelheit wird dem Morgengrauen weichen, der beginnende Tag vollstreckt das gestrige Urteil. Die ganze Welt schaut und wartet, während du dir die Schuhe zubindest. Nur nichts überstürzen, meinst du, die Natur macht keine Sprünge, die Zeit rast – aber ohne Eile. Ist das eine Chance oder doch bloß eine Gelegenheit? Dein Name in aller Munde: verklungen wie der nächtliche Ruf eines schlafenden Schwans.

In kalter Erde

In kalter Erde die letzte Ruhe meiner Sehnsucht. Dem Treiben der Jahreszeiten verborgen, tief in meinem Innern, das Lächeln der Dunkelheit. Keine Zeit, die vergeht, sterbende Sprachen, gärende Gedanken, nicht einmal Landschaften, die der Sturm aufwühlte vor meinen Augen. Stattdessen die nackte Trostlosigkeit, der blasse Schimmer meines Herzschlags im Fortsein. Die schale Gewissheit, unter den Lebenden zu weilen – eine schwindende Erinnerung. Kein Weg führt hierher. Niemand verirrt sich hierher, ohne sich selbst abhanden zu kommen. Keine Besuchszeit. Keine Tür, die sich öffnet und wieder schließt. Kein Fenster. Niemand, der hinausblickt.

Ohne zu zögern

Ohne zu zögern ins Dunkel des Schlafs, die Augen weit geöffnet, in den Abgrund des Traums. Nein, ich träume nicht mehr. Seit Jahren schon schlafe ich nicht. Ich weiß nicht, was das ist: der Schlaf. Ich umarme die Dunkelheit, nichts weiter, warte auf das Ende der Nacht, das Ende dieser traumlosen Erinnerung an nichts. Ohne zu zögern ins Vergessen. Ich warte nicht, ich zähle die Stunden. Nicht einmal das. Ich wohne der Vergänglichkeit bei. Finsternis.

Aus Feuer gemacht

Aus Feuer gemacht, dem Vergessen übergeben – was bleibt vom Menschen, wenn der Tag sich dem Ende neigt. Was bleibt von mir, wenn das letzte Wort geschrieben ist, der letzte Gesang verhallt? Was bleibt, wenn nichts mehr ist, wie es war? Im Wasser geboren, von Anfang an ein Ertrinkender. Weit geöffnet, die Augen eines Fisches, mit dem Kussmund voran ins Unsichtbare, blind, im Fahrwasser des Lichts. In Dunkelheit getaucht seit Anbeginn des Lebens unser Blick in den Spiegel.