Ein einziger Schritt

Ein einziger Schritt genügt, um in den Abgrund zu stürzen, die kleinste Unachtsamkeit führt ins Verderben, ein winziger Fehltritt, damit die Welt vor die Hunde geht. Zerbrechlichkeit ist uns in die Wiege gelegt. Die Nächte unseres Denkens – perforiert von Angst und Sorge, böses Erwachen selbst dem Sekundenschlaf eingeboren. Dennoch schließe ich die Augen, um dem Leben näher zu sein. Ich verlasse die Wirklichkeit, tauche in die Welt ein für den Bruchteil eines Augenblicks, für immer gefangen in einem Wimpernschlag.

In aller Kürze

In aller Kürze ein ganzes Leben, auf engstem Raum alles ausgebreitet, einfach alles, nichts vergessen, kein einziges gekrümmtes Haar. Zwei, vielleicht drei Schritte bis zur nächsten Tür, verschlossen, dahinter Schreie, Musik. So unvorstellbar nah die Wirklichkeit, nicht einmal verborgen, geradezu unheimlich. Kein Fenster. Das flackernde Licht einer Kerze, beinahe lärmend. Ohne Umschweife taste ich mich voran, das Ziel vor Augen, das Ende einer Reise, die kaum begonnen hat. Lautlos, auf Zehenspitzen, ein verirrter Sonnenstrahl in einer Gruft. Mein Name an den Wänden. Der Name eines Fremden.

Kein Erwachen

Kein Erwachen aus dieser Wirklichkeit. Man öffnet nicht einfach die Augen und beginnt von vorn oder macht da weiter, wo es nicht wehtut. Dieses Leben ist nicht verhandelbar – unumstößlich, was geschehen ist, unbeirrbar, was daraus folgt. Man wendet sich nicht ab, ohne daran zugrunde zu gehen, das ist gewiss. Niemand tritt einen Schritt zur Seite, springt über seinen eigenen Schatten. Kein noch so fester Wille hält die Uhr an: diese Uhr ohne Zeiger. Vielleicht klingelt irgendwo ein Telefon – Ruf aus erlösender Ferne, unerhört. Dieses Zimmer ist seit einer Ewigkeit nicht mehr bewohnt. Am anderen Ende der Leitung: eine Warteschleife.