Eine Krankheit

Eine Krankheit wie jede andere: das Leben – Geschenk desTeufels, das man nicht ausschlagen kann. Ein Tröpfchen Blut, das Wunder vollbringt und tötet. Eine Wunde, die sich niemals schließt. Es gibt keine Heilung außerhalb der Sprechzeiten, keine Hoffnung für die Infizierten. Es gibt kein Entrinnen. Der Tod ist nur ein Symptom. Du kannst rennen, aber deine Schritte verenden in der Leere. Du kannst lachen, während deine Stimme in Tränen ertrinkt. Verbirg dich in einer Kiste auf dem Grund des Meeres – und die Dunkelheit wird dich finden.

Die Wunde bleibt

Die Wunde bleibt, selbst wenn wir längst verschwunden sind. Die Freundschaft ist eine unendliche Geschichte der Kränkungen. Wir sind uns am nächsten, wo wir uns verletzen. Vielleicht ist, was wir Liebe nennen, nur Verachtung. Sterbend erst verstehen wir uns, wir wissen vom anderen im Augenblick des Abschieds. Jeder Kuss, jeder Blick – eine Ahnung des Todes. Es ist der Schmerz, der uns öffnet, das Wissen um unsere Vergänglichkeit. Nur ein winziger Augenblick der Erkenntnis, ein kurzes Aufflackern unserer Menschlichkeit, dort, wo wir uns verlieren, unberührbar und fremd.

Einer dieser Tage

Einer dieser Tage, von denen nichts bleibt als vielleicht ein Lächeln eines Passanten im Schaufenster, ein Tag ohne Widerhaken, ein Tag, der längst vorbei ist, aber niemals zu Ende geht. Nun poltert der Wind durch die Straßen wie ein Betrunkener, keine Menschenseele lässt sich mehr blicken, kein verwehter Papierfetzen. Mein Herzschlag auf dem absteigenden Ast, mein letzter Gedanke – eine offene Wunde, in die Gott seinen Finger gelegt hat, ohne mit der Wimper zu zucken. Einer dieser Tage, die gar nicht sein dürften, ohne Abschied, ohne Wiederkehr. Nicht auszuhalten, dieser Tag, der die Welt erschuf.