auf leisen Sohlen

auf leisen Sohlen
durchs geträumte Moor
dem lichten Morgen zu
wo deine Liebste wartet
die Gräser leuchten
Glocken läuten hell
der schwarze Himmel leer
von Sternen keine Ahnung
wir waren Kinder
heimatlos und fremd
die Welt im Untergang
die Straßen ohne Namen
mit Wolken fliehen
über Stock und Stein
keiner schaut zurück
kommen wir doch niemals an
träumen vom Erwachen

schwarzer Schimmer

schwarzer Schimmer
aus deinen Augen
die nächtliche Sonne des Schlafs
unsre Blicke
in aller Frühe
finden einander im Rausch
auf schmalen Pfaden
zwei fremde Seelen
auf holzigem Wege durchs Land
stille Gräser
schweigen wir lange
himmelwärts
die Sterne verstummt
Stimmen rufen
wir sind verloren
Worte versinken im Moor

Eisblumen auf der Haut

Eisblumen auf der Haut
lauwarm
das heiße Herz der Stadt
Gezwitscher der Ventile
im Abendgrau
Grundschüler auf dem Weg
aschfahl
von ferne klingt ein Schrei
Gewitter von Trompeten
als Filmmusik
Rotkehlchen auf dem Zweig
schneeweiß
das schwarze Tuch der Nacht
zerknittert und zerrissen
von Menschenhand

schmiegsam der Asphalt

schmiegsam der Asphalt
den schwankenden Schritten des Träumers
morgendlich bekränzt
von erstem Schimmer
Stille im Gesträuch
wo arglos die Engelchen schlummern
Ahnungslose noch
wie neu geboren
gestern erst verreckt
heute schon auf dem Speiseplan
von vorne die Suche beginnen
hoffnungsvoll gestimmt
und niemals finden
nichts

das letzte Hemd

das letzte Hemd
verramscht
Türen und Fenster verriegelt
leere Regale
dazwischen ein Schild
Ausverkauf und Abgesang
die große Flucht
Verlust
Tage und Nächte vergessen
alte Gewohnheit
zerstoben im Rausch
in grellem Licht verblasst
ohne dass jemand bemerkte
blinde Passagiere
unbekümmert oder tot

wenn erster Sonnenschein sich regt

wenn erster Sonnenschein sich regt
flüsternd im morschen Geäst
dann schlägt die Stunde
der lebenden Toten
verschlafen noch der trübe Blick
qualvoll entrissen der Nacht
im Rausch des Fiebers
Gestalten mit Hunden
am Straßenrand ein totes Herz
eben erst singend geschlüpft
der Tag kann warten
auf lachendes Leben
aus schwarzer Wolke ein Gesang
Steine zerschneiden die Luft
die Erde dreht sich
da Götter erwachen

am Ufer des Flusses

am Ufer des Flusses
Liebende
grün wie Petersilie
weit geöffnet ihre Herzen
frischen Gräbern gleich
Ruinen die Häuser
brennende
haltlos schwankend stürzende
schwarze Schatten zwischen Trümmern
Mauerwerk und Stein
Gestalten im Nebel
Fliehende
deine Stimme morgendlich
trunken noch von Zärtlichkeit
Tränen im Gesicht

warte nicht auf mich

warte nicht auf mich
am Fuß der alten Eiche
lauf davon
und sieh‘ nicht mehr zurück
nimm den letzten Zug
eh‘ noch die Brücken brechen
frage nicht
wohin dein Weg nun führt
alle Zeit der Welt
wo immer du dich findest
hier jedoch
verschlingt dich bald die Nacht
denke nicht an mich
mein Bild muss schnell verblassen
keine Spur
kein Wort das mich verrät

Spuren eines Krieges

Spuren eines Krieges
stilles Echo der Explosionen
eingepflanzt
ins Herz
unserer eilenden Schritte
kaum eine Stunde
die uns nicht tötet
lächelnd
das Gesicht
der fliehenden Zeit
aus vergangener Ferne
fahles Geläut einer Glocke
stolz
und verwundbar
wie ein Gedanke
eingehüllt in Schweigen
von schweifenden Blicken unberührt
vergessen
was zuvor
ewiges Leben verwirkt