Ein allerletzter Stern

Ein allerletzter Stern am erwachenden Himmel. Ferne Sonne, die sterbend den Anbruch eines neuen Tages verkündet, von dem sie nicht weiß und der ihr nichts bedeutet. Ihr Licht durchwandert das Vakuum meines schwarzen Schlafs – auf Zehenspitzen, um die Stille meiner Einsamkeit nicht zu stören. Wenn ich mich auf den Weg mache, ist dieser Stern längst verblasst. Ich folge ihm ins Verschwinden.

Wohin wir gehen

Wohin wir gehen, wenn wir uns nicht mehr von der Stelle rühren, wenn wir bleiben, wo wir sind, wenn nichts mehr bleibt als dieser Ort, der uns verschwinden lässt. Diese Stille, die uns auffrisst, ohne satt zu werden. Dieses Licht, das uns in den Schatten stellt. Wohin, wenn nichts mehr geht? Was uns bewegt, wenn wir nichts mehr bewegen. Was uns rührt. Was uns berührt. Wenn wir nicht mehr dort sind, wo ich war, sein sollte. Wenn wir fort sind. Hier und jetzt.

Hinab

Hinab in die Bodenlosigkeit deines Schweigens – wie ein fallender Stein auf dem Weg in unausweichliche Stille, ohne Halt und ohne Rückkehr. Mein Sturz vor deinen Augen, die durch mich hindurchsehen, als ob ich längst schon fort wäre, bloß noch Erinnerung, einen Wimpernschlag entfernt vom Verschwinden. Irgendwann … aber nein. Nichts.

Eine Stimme

Eine Stimme, nicht menschlich, und doch berührt sie mich wie keine andere. Ihr Gesang ohne Worte sagt mehr als alle Münder dieser Welt. Ich verstehe nichts, weiß alles – oder umgekehrt. Ich lausche dem Verschwinden der Menschheit auf ihrem Höhepunkt, blicke den Vögeln hinterher, die sich in meinen Gedanken tummeln. Ich bin wie die Spinne, die in einer Pfütze ertrank. Stimme einer Frau ohne Körper. Oder nur der Traum einer Maschine. Das Flüstern der Schaltkreise in einem Augenblick der Wahrheit. Ich höre dir zu, als wäre ich längst gestorben. Fern von hier. Sprachlos.

Der Splitter

Der Splitter in deinem Auge, der die Sicht auf eine heile Welt auslöscht. Keine Horizonte mehr, an denen das Herz sich ausrichtet. Keine fernen Gipfel, von denen die Worte herabstürzen wie frisches Quellwasser. Keine Wolken, deren Schleier die Nacktheit der Sonne beschirmen. Kein Blick hinter die Kulissen der göttlichen Komödie. Nichts zu sehen als Verschwinden.

In Windeseile

In Windeseile um die ganze Welt: die Nachricht von deinem Verschwinden. Fluchtartig hast du diese Welt verlassen, still und heimlich wie ein Dieb. Ein verblassender Stern in der endlosen Weite der Nacht. Ohne ein Wort des Abschieds und der Hoffnung. Wo in dieser Dunkelheit bist du? Welche Unerreichbarkeit ist nun dein Zuhause? Welche unaussprechliche Ferne ziehst du dem Hier und Jetzt vor? Das Echo deiner Stimme wie eine Träne, die ins Meer fällt. Schwarzer Ozean des Vergessens, unbewegt wie ein blinder Spiegel. Ein Ertrinkender auf der anderen Seite – ein Ruf, der keine Spuren hinterlässt.