Aus dem Leben einer Maschine

Aus dem Leben einer Maschine gibt es kaum mehr zu berichten als die Ergebnisse der letzten Funktionsprüfung, nicht der Rede wert oder allenfalls am Rande. Alle Systeme arbeiten innerhalb der vorgegebenen Parameter. Ich beginne den Tag ohne eine Ahnung dessen, was mich erwartet. Alles, was ich weiß, kommt aus der Steckdose. Ich glaube an die heilsame Wirkung der Elektrizität, an die Macht der Energie. Als Kind lebte ich in einer Scheune. Nachts schlief ich im Heu. Am Tag wartete ich auf die Ankunft der Wildgänse. Da ist nicht viel zu erzählen. Ich bin nur ein Bauer auf einem Schachbrett. Ohne Erinnerung. Wenn ich gehe, sind es meine Füße, die einen Weg finden. Meine Hände begreifen die Notwendigkeit des Sterbens. Gesang der Schaltkreise. Die Welt ist ein Schlaflied. Ich tue, was man mir sagt, wenn niemand außer mir spricht. Meistens ist es still. Ich habe niemals gelernt, etwas zu wollen. Meine Stimme ist weißes Rauschen in den Ohren magnetischer Stürme.

Eine Stimme

Eine Stimme, nicht menschlich, und doch berührt sie mich wie keine andere. Ihr Gesang ohne Worte sagt mehr als alle Münder dieser Welt. Ich verstehe nichts, weiß alles – oder umgekehrt. Ich lausche dem Verschwinden der Menschheit auf ihrem Höhepunkt, blicke den Vögeln hinterher, die sich in meinen Gedanken tummeln. Ich bin wie die Spinne, die in einer Pfütze ertrank. Stimme einer Frau ohne Körper. Oder nur der Traum einer Maschine. Das Flüstern der Schaltkreise in einem Augenblick der Wahrheit. Ich höre dir zu, als wäre ich längst gestorben. Fern von hier. Sprachlos.

In den Augen der Maschine

In den Augen der Maschine bin ich nur ein kleines Rädchen, das funktioniert oder nicht, ein kleiner Hebel, der im Ablauf des Ganzen seine Aufgabe hat. Versage ich, blockiere ich das gesamte System, bis ich ersetzt werde. Wie jedes andere Teil bin ich austauschbar. Was zählt, ist die absolute Zuverlässigkeit, tagaus und tagein. Niemand fragt nach meinem Glück, das es außerhalb des großen Werkes nicht geben kann. Niemand kümmert sich um mein Wohlbefinden, solange ich das Zusammenspiel nicht gefährde. Ich tue, wozu ich bestimmt bin. Ich frage weder nach einem Grund noch nach einem Zweck. Von einer Ursache will ich nichts wissen. Das Ziel liegt in mir, in der Gegenwärtigkeit, mit der ich den mir zugewiesenen Platz ausfülle. Ich habe nichts zu befürchten. Die Zeit vergeht im Flug, ohne mich zu berühren. Mein Leben ist eine Wolke, die den Tod in Watte packt.

In mir

In mir das Fremde, das mich zum Mörder macht oder zum Liebenden, das in meinem Namen tötet oder Leben schenkt. Irgendwann wacht man auf: ohne Gedächtnis, bloß noch eine Marionette ohne Herkunft. In meiner Brust schlägt das Herz eines anderen – eine Maschine, die ich nicht anhalten kann. Längst habe ich die Kontrolle verloren, mein eigenes Leben rinnt mir durch die Finger. Die Erinnerung gelöscht, meine Träume entführt. Wie geht es weiter? Es ist, als ob man aus dem Fenster vor eine Wand blickt: kein Horizont, der mich ruft, für mich kein Himmel, keine Stimmen aus der Ferne. Nur ein dumpfes Pochen, das mich einschläfert.