Ganz leise

Ganz leise zieht der Winter durch mein Gemüt, vorerst ein Gedanke, eine Ahnung nur, die bald schon zur nackten Tatsache wird: dass alles Leben hier und jetzt endet. Was soll schon noch kommen, wenn die Kälte sich erst einmal in den Knochen eingenistet hat, die eisige Stille des Schnees und der Einsamkeit. Nichts mehr zu sagen – die Worte gefrieren auf der Zunge. Weihnachtlich glänzt das Haar in der Buchstabensuppe meiner Sprachlosigkeit.

Fast perfekt

Fast perfekt dieser eine Gedanke, der mich zu Fall bringt, der die Erde anhält, die Welt aus den Angeln hebt. Dieses eine Wort im Herzen meiner Sprachlosigkeit. Dieser Funke, der unsichtbar verglüht am hellichten Tag. Diese stille Stunde, nackt und schutzlos in meiner hohlen Hand wie eine Fliege, die darauf wartet, ein Stern zu werden.

Hand in Hand

Hand in Hand, die Augen geradeaus, keine geheimnisvollen Blicke, kein Flüstern und kein Murmeln – vor uns das schwarze Loch, auf das wir zusteuern wie Schiffbrüchige, nur knapp dem Untergang entronnen, glücklich in unserem Halbschlaf, der uns die Träume ebenso vorenthält wie die Wirklichkeit. Keine Engel, die unseren Weg kreuzen, wir sind allein. Die Zeit hat nichts mehr zu sagen – es ist die Stille, die zu uns spricht, der undurchdringliche Schatten unserer Sprachlosigkeit.

Ein letzter Gedanke

Ein letzter Gedanke, bevor die Schwere des Schlafs sich über diese Stadt ergießt. Ein letzter Ruf den Sternen entgegen, aller Schwärze der Welt zum Trotz. Mit unerhörter Leichtigkeit tauche ich ein in die Sprachlosigkeit menschenleerer Straßen, taumelnd, tanzend beinahe auf verlassener Bühne. Ein einziges Licht nur, das noch brennt, um der Nacht den Weg zu weisen. Ein Lied aus der Ferne: das Wimmern des Windes – betrunkener Wanderer ohne Gesicht, deine eiligen Schritte verklingen in meiner Brust. In meiner Hand die sterblichen Überreste des Tages: eine letzte Sekunde.

Zum Abschied

Zum Abschied dieses Schweigen, dein Gesang ohne Worte, in einer Sprache, die so fremd ist wie das Land, in das sie führt. Wir begegnen uns in der Sprachlosigkeit, jedoch nur für einen flüchtigen Augenblick. Deine Lippen aus Stille. Wenn du meinen Namen sagst, klingt das wie ein zufälliges Geräusch irgendwo in einem endlosen Raum – fast unbemerkt. Und doch füllt es diesen Raum aus, diese Endlosigkeit. Mein Name ist dieser Wassertropfen, der in eine Pfütze eintaucht, in diesen Ozean des Schweigens. Wenn du fortgehst, nimmst du meinen Namen mit dir.

Nur wenige Schritte

Nur wenige Schritte bis zum Ziel oder bis zum Sturz in den Abgrund. Die Brotkrumen auf dem Weg ins Vergessen. Nacht. In tiefem Schlummer: die Tierwelt meiner Sprachlosigkeit. Nur das Rauschen in meinem Kopf. Die Brandung eines Ozeans, der mich verschlingt. Ein Leben lang. Woran sich erinnern, wenn die Welt sich in Tränen auflöst? Wovon sprechen im Innern des Schweigens? Sterbend bin ich die Tiefe dieses Ozeans. Ich bin die Stille, der freie Fall in völliger Dunkelheit. Das Rauschen. Diese Wolke unter der Haut des Schlafes.