Lichter der Kleinstadt

Lichter der Kleinstadt: an allen Ecken und Enden der Straßen – nur nicht in den Gesichtern der wandelnden Toten. Alles glänzt und leuchtet, glüht und lacht – nur nicht die Augen der Menschen, die hier leben oder wohnen, die einsam und unbeirrbar von Geschäft zu Geschäft ziehen, sich von der Strömung treiben lassen, die immer dorthin führt, wo das lockende Glück die dumpfe Masse verspottet. Niemand hier ist so lebendig wie die Bestattungsunternehmer. Irgendwo duftet es nach frischem Brot – für die Ratten. Es stinkt nach Weihnachten. In jedem Schaufenster sieht man die ewig gleiche Grimasse des in den Alptraum hinein erwachten Schläfers.

Nichts als die Wahrheit

Nichts als die Wahrheit, wie hilflos auch immer das sein mag. Wie fern von der Wirklichkeit, wie abwegig inmitten all der Lügen und Verkommenheiten in mir. Jedes Wort bringt neue Falschheiten hervor, ich betrüge, wenn ich den Mund öffne. Wenn ich schweige. Ich sehe, wenn ich die Augen schließe. Ich sehe nichts, wenn ich in den Spiegel blicke. Nichts als die Wahrheit.

Weite Welt

Weite Welt, wohin man auch blickt, das Leben: nur eine Armlänge entfernt, höchstens einen Steinwurf. Ein Fenster im Haus auf der anderen Straßenseite, kein Geräusch außer dem dumpfen Rauschen der Ferne, ein Gesicht vielleicht hinter vergilbter Gardine, Augen, die mich ansehen – oder doch nur ein seelenloser Schatten, eingesperrt in den Käfig meiner Vorstellungskraft. Wolken, die sich abwenden, voller Ungeduld oder einfach nur gelangweilt, längst schon auf unergründlichen Abwegen. Stimmen, die sich im Wind verfangen, die nichts zu sagen haben, unentwegt plappernd.

Dein Blick

Dein Blick wie ein Sturm, der über mich hinwegfegt: kalt und gnadenlos. Deine Augen in meinem Herzen – blinde Wut, die mich zerreißt, ohne mit der Wimper zu zucken. Wie immer ein Lächeln auf den Lippen, die Freundlichkeit des Henkers, Trost und Verachtung zugleich. Deine Gedanken gleichen einem Schlachtfeld ohne Horizont, hoffnungslos bist du, seit jeher verliebt in die Zerstörung. An sonnigen Tagen gehst du durch Wände.

Im Fieberwahn

Im Fieberwahn sah ich dein Gesicht, so blass, abwesend und freundlich zugleich. Deine Augen waren geschlossen, dennoch fühlte ich mich von deinem Blick durchdrungen. Deine Lippen bewegten sich wie im lautlosen Singsang – unerhörtes Liebesgeflüster, meinem eigenen Traum entsprungen. Dein Haar löste sich in Nebel auf, deine Haut, durchsichtig fast, glühte im Takt deines Herzschlags. So unwiderstehlich groß die Versuchung, dieses Trugbild zu berühren, es wirklich werden zu lassen – und damit zu zerstören.