Verborgen in den Tiefen der Erinnerung, fast vergessen, verloren, aber doch nicht ganz aus der Welt. Ein unscheinbares Stückchen Wirklichkeit unter der Oberfläche des Gegenwärtigen – ohne Gesicht und ohne Namen. Kraftlos. Schweigsam. Geheimnis wider Willen.
Schlagwort: Erinnerung
Konzert der Frösche
Konzert der Frösche in den Eingeweiden des gestrigen Tages. Vom Frühling blieb nur das zerknüllte Papier eines Kaugummis übrig, die zerrissene Nabelschnur der Stille. Nun ist nichts als Leere zwischen den Zäunen, die meinen kleinen Garten von der Welt abschneiden – ein einfacher Schnupfen genügt, um aus einem Blütenmeer eine Steinwüste zu machen. Längst verstummt ist der Gesang der Vögel. Schwarzes Blut tropft von meinen Grashalmwimpern, alles Leben bloß noch Erinnerung, farblos, verscharrt in einem Erdloch.
Dunkelheit
Dunkelheit in meinen Augen, nicht bloß der gewöhnliche Einbruch der Nacht, eher wie eine blasse Erinnerung an das schwindende Licht. All die unsichtbaren Dinge, von denen ich weiß, dass sie nach mir greifen, all das im Schatten Verborgene, all das Unbekannte, das Ungeahnte. Irgendwo dort endet diese Welt, erlischt die Flamme des Wirklichen – mein Leben, das ich für unzerstörbar hielt in ungezählten Momenten übermütigen Glücks. Die letzte Wahrheit wie eine sterbende Funzel in meiner ausgestreckten Hand – zu weit: keine Rettung in Sicht.
Hoch hinaus
Hoch hinaus und höher vor dem Sprung in die Tiefe. Die Nacht prallt von mir ab wie ein Spiegelbild, die Weite des Himmels streckt ihre Arme nach mir aus, Stille hüllt mich ein, während ein Lied durch meinen Kopf weht, eine weit gereiste Melodie aus Kindertagen – als ob die Erinnerung meinen Sturz abbremsen wollte. Aber wessen Kindheit soll das gewesen sein? Ich falle nicht, ich schwimme in meinen Gedanken, lasse mich tragen von der Schwere meiner unausgesprochenen Worte. Ist nicht dieser Augenblick perfekt? Die Welt schließt sich, scheue Blüte eines niemals endenden Frühlings.
Dunkler Stein
Dunkler Stein in meiner Hand, das Herz eines Vogels, der noch immer klagend die Welt umkreist, ein schwarzes Loch in seiner Brust, in welchem alle Hoffnung verschwindet, alle Freude, alles Lachen. Seltsamer Glücksbringer. Die Tage verschläft er in einer Schublade meines Schreibtisches, aus dem er sich nachts erhebt wie ein Stern, der den Himmel durchlöchert. Eine neue Welt in eisiger Ferne, bevölkert von den Träumen der Verstorbenen, mit denen sich die Straße vor meinem Fenster füllt. Auf welcher Seite des Spiegels wütet der Tod? Welchen Weg wählt die verlorene Zeit meiner Einsamkeit? Keine Erinerung, die nicht aus einer grauen Wolkenschar gestiegen wäre, kein Zögern, kein Versäumen ohne die Wegweiser der Schuld. Zärtlichkeit des Vergessens, die nackte Ahnungslosigkeit meines Schweigens.
Wovon träumen wir
Wovon träumen wir, wenn unser Leben selbst zu einem Traum geworden ist – ohne Erwachen. Zu einem Griff nach den Sternen in uns, schwarz und stumm. Zu einer Reise ans Ende der Welt. Wenn all die Tode, die wir sterben mussten, umsonst gewesen sind. All die Momente, die zu Asche wurden im Fegefeuer der Erinnerung. All die Stunden in völliger Finsternis. Die Leere zwischen den Zeilen des niemals Geschriebenen. So schweigsam die Welt. Wovon träumen wir, wenn uns nichts mehr zu träumen bleibt?