Auf der Straße, einfach bloß unterwegs, vorbei an den leeren Fenstern meiner Kindheit, den verlassenen Vogelnestern, die seit einer Ewigkeit in abgestorbenen Bäumen hängen, vorbei an Friedhöfen, die kein Mensch mehr betritt. Wo auch immer ich ankomme, es ist, als wäre ich nie fort gewesen. Selbst in völliger Fremde finde ich mich wieder. All die verblühten Blumen, die ich mir zu einem Kranz flechte, das Lachen der Kinder, namenlos oder ungeboren. Die misstrauischen Blicke der Höhlenbewohner.
Schlagwort: Fremde
Irrfahrt
Irrfahrt durch ein Land ohne Namen, durch eine Gegend ohne Anfang und ohne Ende. Meine Füße tragen mich durch die Fremde, ahnungslos, bringen mich dem Ziel, das ich nicht kenne, näher, Schritt für Schritt. Ich gebe mich dem Unbekannten hin, den Schatten, den Steinen, an einen Weg gekettet, der mir ein Rätsel ist. Bedeutungslos, woher ich komme, alle Spuren verwischt, an diesem Ort, dessen Schweigen mich belügt.
Glückliche Liebe
Glückliche Liebe, vielleicht, in einem anderen Leben, wer weiß, im Leben eines anderen. Nichts als Schatten sind wir, die einander umarmen, Wolken, die unter der Last ihrer Tränen zu Boden sinken. Unmöglich, einen Fuß vor den anderen zu setzen, ohne auf ein Grab zu treten. Enttäuschte Hoffnungen, wohin man blickt. Wir hinterlassen Spuren, die niemand findet, Worte, die niemand liest. Fremde sind wir, die sich selbst nicht kennen. Nichts besitzen wir – das allein ist liebenswert.
In mir
In mir das Fremde, das mich zum Mörder macht oder zum Liebenden, das in meinem Namen tötet oder Leben schenkt. Irgendwann wacht man auf: ohne Gedächtnis, bloß noch eine Marionette ohne Herkunft. In meiner Brust schlägt das Herz eines anderen – eine Maschine, die ich nicht anhalten kann. Längst habe ich die Kontrolle verloren, mein eigenes Leben rinnt mir durch die Finger. Die Erinnerung gelöscht, meine Träume entführt. Wie geht es weiter? Es ist, als ob man aus dem Fenster vor eine Wand blickt: kein Horizont, der mich ruft, für mich kein Himmel, keine Stimmen aus der Ferne. Nur ein dumpfes Pochen, das mich einschläfert.
Hinter Glas
Hinter Glas die Fremden, die mich mit dem Rücken ansehen, die von mir nichts wissen, nichts ahnen, während ich ihre Schritte zähle oder die Finger an ihren Händen. Ich bin nur zu Besuch, unsichtbar, und doch in ihrer Mitte, ganz selbstverständlich lebe ich mit ihnen, unerkannt, wie unter einer Tarnkappe, anwesend, gegenwärtig – einer von ihnen, solange ich mich nicht zu erkennen gebe. Ihr Blick durchbohrt mich, ihre Hände greifen ins Leere. Da ist nichts, was uns verbindet. Ich atme eine andere Luft, bewege mich in einer anderen Zeit, ich versinke in anderen Schlaf. In meinen Träumen gebe ich mir einen Namen.
Eine Stimme aus der Ferne
Eine Stimme aus der Ferne, irgendwo in mir. Das Bild einer Landschaft, farblos – bin ich jemals hier gewesen? Der wortlose Gesang eines Engels, so vertraut – ich kann mich nicht erinnern. Fremde Gesichter sehen mich an, lächeln, erstarren. Ich bin nicht der, den ihr sucht, an den ihr euch erinnert. Ohne Namen, wie diese Stimme, ein sterbender Vogel, der sich an Wolken klammert. Keine Worte, nicht einmal Töne. Kein Mensch, der zuhört, der sich kümmert, der den Atem anhält. Lebendig begraben, diese Stimme, unter den Trümmern meiner Einsamkeit.