Ein Licht

Ein Licht am Ende des Tunnels, ein heller Punkt, der deinen Gedanken folgt oder deinen Fingern. Eine Welle, die dich fortspült, versunken in Liebe und Heimweh. Alles ist in Bewegung, eingetaucht in Vergänglichkeit. Alles fließt. Weder Anfang noch Ende. Woran eigentlich erkennt man die Rettung? Niemand wartet, nichts bleibt. Ein Kind geht vorüber. Musik, sterbende Stille.

Ein Loch

Ein Loch ohne Fenster, ohne Tür, ohne Licht. Kein Zimmer. Ein Ort, dunkel und still, an dem man beginnt, über Schuld nachzudenken. Von Menschen erdacht und gebaut – für Menschen. Hier unten gibt es keine Wahrheit. Der Himmel: nichts weiter als ein Gerücht, ein Versprechen, an das niemand glaubt. Ich weiß nicht, sind meine Augen offen oder geschlossen? Stehe oder liege ich? Warum bin ich hier? Da es einen Grund geben muss, werde ich einen erfinden. Ein Ort, an dem es keine Unschuld gibt.

Ein Finger

Ein Finger, aufbewahrt in einem dunklen Raum, jenseits des Lichts und der Zeit, unvergänglich wie eine Botschaft, die den Tod überdauert, seit Ewigkeiten unberührt, umso mächtiger, je unbedeutender sie scheint. Körperlos. Der letzte Hinweis auf die Lösung des Rätsels, Antwort auf diese eine Frage, welche noch gar nicht gestellt wurde. Zeichen einer Wahrheit, für die in unserer Welt kein Platz ist, in unserer Welt unzähliger Sprachen, Schriften und Missverständnisse.

In Flammen

In Flammen der Himmel in mir, diese unendliche Leere, die mich ausfüllt, still und unbewegt, fast friedlich – gedankenlos. Der Blick auf ein schlafendes Meer im dämmrigen Licht des Morgens. Dieser Ozean des Vergessens. Mit der Erinnerung kam das Feuer. Das höhnische Grinsen der Gezeiten, der tödliche Sturzflug der Vergänglichkeit, die unersättliche Gier des Unendlichen. Die giftige Wolke auf meiner Stirn. Ein unausgesprochenes Wort, das die Welt entzündet.

Hinter Gittern

Hinter Gittern, eingesperrt in ein Leben, das mir fremd ist, schön und unbedeutend, das Leben eines Gauklers, der seine Launen an die Gleichgültigen verkauft, die Sesshaften, die Schläfer. Der sich selbst verkauft für einen kurzen Blick auf den freien Himmel. Eingemauert, vor dem Licht der Welt verborgen – ein Gefangener meiner Empfindsamkeiten. Müde bin ich, des Wartens überdrüssig – worauf? Die Welt steht still, nichts ändert sich, die ewig gleichen Wolken der Sorge und des Zweifels kleben vor meinem inneren Auge. Die Kargheit meiner Zelle. An einer Wand ein Foto: das Lächeln der Einsamkeit.

Aus allen Wolken

Aus allen Wolken der Regen, ein Schleier, der sich über die Welt legt wie ein fadenscheiniges Leichentuch, lautlos fast, und alles unter sich begräbt, was nach Licht und Wärme hungert. Kein Entkommen, wie es scheint, nicht einmal ein schwaches Aufbäumen. Gnadenlos sanft die Heerschar der stillen Tropfen, unbeirrbar und unwiderstehlich. Kein Schrei, kein Schmerz. Unmerklich das Sterben im Innern. Alles Leben totgeschwiegen.

Vor Sonnenaufgang

Vor Sonnenaufgang, in die Schwärze der Nacht gehüllt, das zarte Licht eines neuen Tages, zerbrechlich noch, scheu – und doch voller Wärme. Ein Zweig, der sich biegt unter der Last meiner Gedanken, so schwer wie flüchtig. Der Schatten eines Vogels zwischen den Zeilen meines Schweigens. Kein Laut auf meinen Lippen, kein blutendes Herz in meiner Hand. Kein Ausweg aus dem Labyrinth des Schlafes.

Kennst du das Land

Kennst du das Land, wo du gestorben bist? Wo die Sonne aufgeht, als sei alles bloß ein Kinderspiel, wo früh am Morgen Nebel durch die verschlafenen Straßen der Stadt zieht wie das Lied eines Betrunkenen. Vögel auf den Dächern der Häuser, gefangen im Traum von schwereloser Ferne. Wo es bei Einbruch der Nacht Licht aus halb geöffneten Fenstern regnet. Worte, Musik einer unbewohnbaren Welt. Man sieht dem Tod nicht in die Augen, ohne zu erblinden. Und man steigt nicht ins Wasser, um an der Oberfläche zu bleiben. Ich tauche ein in den Gesang der Vergänglichkeit, hier, wo die Zeit stillsteht.

Ins Licht

Ins Licht die Gedanken wie der Blick eines Blinden, dem die Finsternis falsche Versprechen zuflüstert. Der Sonne entgegen, aber nur auf dem Papier – doch was könnte wirklicher sein? Die Dunkelheit der Welt ist mein Zeuge. Niemand hört zu, niemand fragt danach, niemand bemerkt es – und doch ist alles anders. Urplötzlich an der Oberfläche, was verborgen war, und aus den Augen, woran wir uns festhielten. Nun erst ist der Weg frei, da wir uns nicht mehr auskennen.

Licht und Schatten

Licht und Schatten in allem, was uns widerfährt, in allem, was wir tun. Wer in den Spiegel schaut, sieht zwei Gesichter: sein eigenes und das eines Fremden. Unser Leben, das uns so selbstverständlich erscheint, ist nur ein Teil der Wahrheit. Tief verborgen in dem, was wir zu sein glauben, wütet, was uns vernichtet. Wie besessen arbeiten wir an unserem eigenen Ende, während wir uns unsterblich wähnen. Licht und Schatten. Unsere Augen blinzeln im Sonnenlicht, mit den Füßen stecken wir in schwarzer Erde. Sogar in unseren kühnsten Träumen sind wir gefesselt. Wir sind nichts ohne unseren Untergang.