Wahrheit
im Spiegel
was ich sehe
was ich mir einbilde
erlogen
Schlagwort: Spiegel
Einkehr
Einkehr in die Trostlosigkeit eines weiteren Tages, von dem ich nicht weiß, ob er gestern schon war oder morgen erst sein wird – immer und immer wieder. Es ist nur ein Gedanke, der mich ausfüllt wie eine ungenießbare Flüssigkeit. Ein Funke, der sich entzündet, um all meine Pläne und guten Absichten auszuräuchern. Meine innere Stimme verendet im Fegefeuer der Besinnung – so viel Ruhe in der tödlichen Glut. So viel Frieden unter den Schlägen des Schicksals. Ewige Wiederkehr des Ähnlichen beim Blick in den übersinnlichen Spiegel.
Nichts als die Wahrheit
Nichts als die Wahrheit, wie hilflos auch immer das sein mag. Wie fern von der Wirklichkeit, wie abwegig inmitten all der Lügen und Verkommenheiten in mir. Jedes Wort bringt neue Falschheiten hervor, ich betrüge, wenn ich den Mund öffne. Wenn ich schweige. Ich sehe, wenn ich die Augen schließe. Ich sehe nichts, wenn ich in den Spiegel blicke. Nichts als die Wahrheit.
An Tagen wie diesem
An Tagen wie diesem bin ich kaum wiederzuerkennen, ein Schatten im erblindeten Spiegel, fremd mir selbst und unheimlich. Alles scheint in Ordnung, die Welt ist an ihrem Platz – nur ich irre umher, als ob ich durch ein denkwürdiges Geschick in ein anderes Leben katapultiert worden wäre. Kein Riss im Kontinuum, keine Spalte in der Zeit – nur ein menschliches Wesen ohne Gesicht, ohne Namen, ohne Herkunft, umgestülpt und ruhelos. Reisender auf dem Abstellgleis, verloren zwischen den Souvenirs der Ausweglosigkeit.
Kaltes Blut
Kaltes Blut in den Adern des beginnenden Tages. Keine Tränen für die verlorenen Momente eines ganzen Lebens. Was bleibt übrig, wenn wir uns abwenden? So viel zu tun, ob wir es wollen oder nicht, um die Beschaulichkeit unserer kleinen Welt zu bewahren, die Gemütlichkeit unserer Verzweiflung. So lange schon haben wir im Verborgenen gelebt, dass wir uns selbst fremd geworden sind. Nicht einmal ein Name will uns einfallen. Der Blick in den Spiegel ist ein Blick zurück. Wir öffnen unseren Mund, um nichts als Leere zu atmen.
Der Mensch
Der Mensch braucht den Menschen, den Blick in den Spiegel, das vertraute Gesicht der eigenen Unzulänglichkeit. Wo wir an die Grenzen unserer Erkenntnis stoßen, beginnen wir, uns zu verändern. Das Fremde, das wir nicht begreifen, kratzt an unserer Menschlichkeit. Schuldige sind wir, wo wir uns von uns selbst abwenden. Unser Versuch, das Unbekannte zu verstehen, macht die Welt kleiner. Was wir anfassen, zerbricht. Was wir lieben, verurteilen wir zum Tode. Was immer wir suchen, ist uns ähnlich, wir kennen es bereits, bevor wir es finden. Und doch wissen wir nichts.
Zerbrochen
Zerbrochen dieses Glück in meiner Hand, so klein und unscheinbar, dass ich es gar nicht bemerkt hatte. Fast wie ein winziger Splitter, der sich unter die Haut bohrt, unbemerkt, bis er völlig verschwindet, wer weiß wohin. Mit dem Verschwinden erwacht der Schmerz, dieses scheue Tier, das sich von falschen Erinnerungen ernährt. Dieser verlorene Schatten, der lautlos in einem Spiegel verblasst. Dieses Lächeln, das aus der Zukunft auf deine Unwissenheit herabblickt.
Selbstverständlich
Selbstverständlich, sollte man meinen, was ich bin und wie ich es wurde, doch sobald ich darüber nachdenke, liegt nichts ferner, nichts könnte unbekannter sein. Der Blick in den Spiegel macht mich zu einem Fremden, der mich anstarrt wie einen Eindringling. Hirngespinste bloß, was ich von mir zu wissen glaube, Mutmaßungen und Gerüchte. Was ich sehe – nichts als Trugbilder. Irrtum, was ich denke. Was ich bin – Schweigen.
Licht und Schatten
Licht und Schatten in allem, was uns widerfährt, in allem, was wir tun. Wer in den Spiegel schaut, sieht zwei Gesichter: sein eigenes und das eines Fremden. Unser Leben, das uns so selbstverständlich erscheint, ist nur ein Teil der Wahrheit. Tief verborgen in dem, was wir zu sein glauben, wütet, was uns vernichtet. Wie besessen arbeiten wir an unserem eigenen Ende, während wir uns unsterblich wähnen. Licht und Schatten. Unsere Augen blinzeln im Sonnenlicht, mit den Füßen stecken wir in schwarzer Erde. Sogar in unseren kühnsten Träumen sind wir gefesselt. Wir sind nichts ohne unseren Untergang.
Dunkler Stein
Dunkler Stein in meiner Hand, das Herz eines Vogels, der noch immer klagend die Welt umkreist, ein schwarzes Loch in seiner Brust, in welchem alle Hoffnung verschwindet, alle Freude, alles Lachen. Seltsamer Glücksbringer. Die Tage verschläft er in einer Schublade meines Schreibtisches, aus dem er sich nachts erhebt wie ein Stern, der den Himmel durchlöchert. Eine neue Welt in eisiger Ferne, bevölkert von den Träumen der Verstorbenen, mit denen sich die Straße vor meinem Fenster füllt. Auf welcher Seite des Spiegels wütet der Tod? Welchen Weg wählt die verlorene Zeit meiner Einsamkeit? Keine Erinerung, die nicht aus einer grauen Wolkenschar gestiegen wäre, kein Zögern, kein Versäumen ohne die Wegweiser der Schuld. Zärtlichkeit des Vergessens, die nackte Ahnungslosigkeit meines Schweigens.