Aus allen Wolken

Aus allen Wolken der Regen, ein Schleier, der sich über die Welt legt wie ein fadenscheiniges Leichentuch, lautlos fast, und alles unter sich begräbt, was nach Licht und Wärme hungert. Kein Entkommen, wie es scheint, nicht einmal ein schwaches Aufbäumen. Gnadenlos sanft die Heerschar der stillen Tropfen, unbeirrbar und unwiderstehlich. Kein Schrei, kein Schmerz. Unmerklich das Sterben im Innern. Alles Leben totgeschwiegen.

Wenn der Wind weht

Wenn der Wind weht, wird die Oberfläche einer Pfütze zum Spiegel meines Lebens. Begegnung mit einem Phantom – niemand, der sich selbst erkennt, wenn er sich gegenübersteht. Ein Gespenst, verdammt zur ewigen Unruhe. Ein Fragender, der sich abwendet, um die Antwort nicht zu hören. Niemand, der die Wahrheit wissen will, wenn er ihr ausgeliefert ist.

Neue Heimat

Neue Heimat am Ende eines langen Weges: das Unbekannte, wenige Meter nur vom Abgrund, dort, wo die Welt sich ins Unbegreifliche verliert. Schlafwandler sind wir, dem Sturm entkommen, unser Denken in Nacht getaucht, unsere Hände in Unschuld gewaschen. Wanderer ohne Ziel, und doch ist unser Leben nichts als Ankunft. Kinder sind wir, ohne Vergangenheit – nichts hält uns auf. Was wir wissen, was wir sind: ein unerforschtes Land, das vor uns liegt.

Vor Sonnenaufgang

Vor Sonnenaufgang, in die Schwärze der Nacht gehüllt, das zarte Licht eines neuen Tages, zerbrechlich noch, scheu – und doch voller Wärme. Ein Zweig, der sich biegt unter der Last meiner Gedanken, so schwer wie flüchtig. Der Schatten eines Vogels zwischen den Zeilen meines Schweigens. Kein Laut auf meinen Lippen, kein blutendes Herz in meiner Hand. Kein Ausweg aus dem Labyrinth des Schlafes.

Worum es geht

Worum es geht, wenn nichts mehr gesagt werden kann, wenn alles, was ich denke, bloß noch Schaum auf einer Welle ist, Geröll an einem Abhang. Wenn eines Morgens die ganze Welt in Schatten getaucht bleibt, wenn wir uns durchs Dunkel tasten, niemand mehr den Weg kennt. Wenn nichts mehr zu verschenken ist. Was bleibt von den Träumen hinter verschlossener Tür? Wohin blickt das gebrochene Auge? Ein Rinnsal am Straßenrand. Eine Hand, die sich öffnet und wieder schließt. Ein Windstoß, der mich lautlos zu Boden wirft.

Die Straße

Die Straße spuckt mich aus, den unscheinbaren Wanderer, dessen Fuß nicht einen einzigen Stein berührt. Alles ist in der Schwebe – selbst mein Straucheln. Kein Weg zu weit, und doch kein Ziel, das ich erreichen könnte. In deinen Augen bin ich nichts weiter als ein Schlafwandler, der in die Zukunft sieht, um Schlimmeres zu verhindern. Ein Irrender, unwissend und erleuchtet. Im richtigen Moment am falschen Ort. Unschuldig vielleicht, im Voraus schon zum Tode verurteilt.

Ohne Zweifel

Ohne Zweifel, es ist gut. Wohin in aller Welt mit der Saat meines Glücks? Ich falle vor dir auf die Knie und bin doch größer denn je. Bist du ein Stern oder eine Wolke? Ein Stein am Straßenrand? Eine Vogelscheuche mitten auf dem Acker? Kein Grund zur Klage, nur frage ich mich, was aus dir werden soll, wenn dieses Leben am Ende ist. Ein Sonnenstrahl, der sich in einem leeren Fenster spiegelt. Der zerstochene Reifen eines Autos. Ein toter Schmetterling, der mit ausgebreiteten Flügeln an einem Ast hängt, bereit zum Flug. Da ist nichts, das die Schönheit des Wirklichen widerlegen könnte. Und im Moment des Abschieds wird die Finsternis mein Freund sein.

Schöne Grüße

Schöne Grüße aus den unsäglichen Tiefen meiner Langeweile, ein Vogel, der eine Wolke durchbohrt auf dem Weg ins Vergessen, gedankenlos, unschuldig auf seiner Reise ohne Anfang und Ende. Mein Hilfeschrei wie eine Postkarte aus farbenfroher Fremde: eben noch bin ich dort gewesen, wo jetzt bloß noch schwarze Leere klafft. Mensch ohne Gedächtnis, nackt in den Wäldern der Kindheit – unerhört bleibt das Flehen deiner toten Augen, ziellos deine wankenden Schritte. Deine Worte wie Steine an einem Abhang, wenn der Morgen schon graut.