Wenn die Zeit knapp wird

Wenn die Zeit knapp wird, genügt es, die Worte aufs Papier zu gießen, gedankenlos und abgedroschen. Einmal niedergeschrieben, stillen sie dennoch das Verlangen nach Ewigkeit. Das geschriebene Wort hat den Zweifel längst besiegt. Was wir zu Papier bringen, sind nicht unsere Gedanken. Es ist nicht das Produkt unseres Denkens, sondern eher eine Fluchtbewegung. Nur was unserem Denken entflieht, kann sich in der Wirklichkeit des Geschriebenen manifestieren. In diesem Sinne wird die Zeit immer knapp. Mein Schreiben kommt niemals zur Ruhe. Es ist dieses gejagte Wild, dieser gehetzte Blick. Ewig auf der Flucht. Atemlos. Gedankenlos. Ohne jeden Zweifel.

Das war gestern

Das war gestern. Was ich verschweige, was ich in meiner hohlen Hand verberge. Mein Blick hinauf zu den Sternen. Gestern war ich dieses Kind mit grünem Haar. Diese Falte im Kleid der Morgenröte. Dieses Rätsel. Wohin verschwanden all jene, die ich nicht kenne, niemals sah? Niemals in meine Arme schließen werde. Wohin mit all der Leere, dem Gerede von Stille? All jene, die ich vergaß. Wohin? Gestern, sage ich, aber das ist nie vorbei. Was ich versäumte, während ich meinen Koffer packte. Gestern war ich der Name eines Steins auf dem Meeresgrund. Dieses Rauschen. Der Gesang im Innern einer Streichholzschachtel. All jene, die ich verlor.

Meine Spuren im Schnee

Meine Spuren im Schnee, wohin ich auch gehe, sie führen von mir weg. Ich verschwinde nicht, ich entferne mich nur. Ich sehe mir nach wie ein Fremder. Vergiss nicht, rufe ich noch, dass wir alles tun können. Alles. Ich weiß nicht, ob ich es höre, der Schnee verschluckt meine Worte. Vielleicht, wer weiß, begegnen wir uns am Ende der Reise. Vergiss nicht. Alles. Meine Stimme fällt wie der Schnee aus den Wolken, begräbt mich unter einem weißen Laken aus Stille und Vergehen. Unschuld. Alles tun können. Spurlos.

Kaum zu glauben

Kaum zu glauben, dass ein Tag dem anderen folgt, es ist so sinnlos, so entmutigend, neu zu beginnen, nachdem man alles gegeben hat. Wir schreiten munter voran mit dieser Sinnlosigkeit als Gepäck und wundern uns, dass wir nicht vom Fleck kommen. Was macht uns eigentlich zu dem, was wir sind: diese Sinnlosigkeit oder unsere Verwunderung darüber? Oder ist es unser Trotz, der angesichts unseres Tretmühlendaseins ein fröhliches Lied anstimmt?

Man öffnet die Augen

Man öffnet die Augen, blickt in die Einsamkeit hinein, durch die Dinge hindurch in seine eigene unerträgliche, vertraute Einsamkeit hinein. Man durchschaut die Welt, indem man sich in seine Verzweiflung stürzt. Ohne darüber nachzudenken. Man öffnet die Augen, weiter nichts. Man erwacht aus dem Schlaf und beginnt zu träumen. Was bedeutet das? Bloß nicht darüber nachdenken. Es bedeutet nichts, ob man träumt oder nachdenkt oder bloß die Augen öffnet. Ob man schläft. Es bedeutet nichts, außer dass der Versuch, in die Welt hinein zu erwachen, misslingt. Man öffnet die Augen, aber was man sieht, ist nichts als die eigene Einsamkeit, die Unfähigkeit, in der Welt zu sein.