Schlaf
kleiner Tod
an deiner Hand
steige ich hinab ins
Schattenreich
Schlagwort: Tod
erst
erst
gestern gestorben
nun schon wieder
auf dem Weg ins
Verderben
friedlich
friedlich
unser Tod
unser fortwährendes Sterben
in den Armen der
Gegenwart
gerade
gerade
noch rechtzeitig
aus tiefem Schlummer
erwacht um zu sterben
endgültig
Riss
Riss
im Kontinuum
Abgrund im Herzen
eines zum Tode Verurteilten
schuldig
Tag
Tag
für Tag
die gleiche Leier
aufwachen, arbeiten, essen, schlafen
sterben
Mit letzter Kraft
Mit letzter Kraft ans rettende Ufer der Sprache oder vielmehr in die Finsternis der Hoffnung. Meine Worte sind wie eine Reißleine ohne Fallschirm – nutzlos und ohne Sinn auf meinem Sturz vom Sofa. Ich rede, weil ich den Mund nicht halten kann, ohne von der Wirklichkeit verschluckt zu werden. Wenn ich spreche, bringe ich die Dinge zum Stolpern, hebe die Welt aus den Angeln. Ich schlage dem Tod ein Schnippchen. Und doch ist, was ich mitzuteilen habe, nichts als die Angst vor den Lebenden. Die Angst vor der Schöpfung in einem winzigen Augenblick des Schweigens.
Verletzlich
Verletzlich die dünne Haut des menschlichen Lebens, bedroht nicht allein durch den stets nahen Tod, sondern durch das Wissen darum. Wir tanzen mit unserer Vorstellung von dem, was uns auslöscht. Mit unserer Ahnung, dass alles endet. Wenn wir gehen, gehen wir allein, aber mit einer ganzen Welt im Gepäck. Vielleicht ist noch Zeit – doch müssten wir zuerst begreifen, was Zeit überhaupt ist. In allem, was wir tun, ist unser Abschied gegenwärtig: tränenreich und melodramatisch. Wir spüren keinen Schmerz, aber wir tragen ihn mit uns herum.
Bei Tagesanbruch
Bei Tagesanbruch zurück ins Leben, aus den Tiefen des Schlafs, der mich umfing wie eine schwarze Wolke oder wie der Tod seine Beute: schweigsam und unnachgiebig. Meine Augen öffnen sich auf eine Welt, die Jahrhunderte entfernt ist von derjenigen, die ich gestern verließ. Wie lange war ich fort? Kaum einen Moment, sagt mein Verstand – und doch erkenne ich nichts wieder, nichts ist mir vertraut, alles ist anders, unnahbar. Ich erkenne mich selbst nicht wieder – als wäre ich im Körper eines Fremden erwacht oder vielmehr anstelle eines Menschen, den es nicht einmal gibt, an einem Ort, der unerreichbar ist, hier und jetzt.
Eine Krankheit
Eine Krankheit wie jede andere: das Leben – Geschenk desTeufels, das man nicht ausschlagen kann. Ein Tröpfchen Blut, das Wunder vollbringt und tötet. Eine Wunde, die sich niemals schließt. Es gibt keine Heilung außerhalb der Sprechzeiten, keine Hoffnung für die Infizierten. Es gibt kein Entrinnen. Der Tod ist nur ein Symptom. Du kannst rennen, aber deine Schritte verenden in der Leere. Du kannst lachen, während deine Stimme in Tränen ertrinkt. Verbirg dich in einer Kiste auf dem Grund des Meeres – und die Dunkelheit wird dich finden.