Ein leeres Glas in meiner Hand – so friedlich, diesen Tod zu sterben, einsam und verkommen. Auf der untersten Stufe einer Treppe in die Unterwelt. Aus der Welt gefallen, vollkommen menschlich, von allen guten Geistern verlassen. Keine Rückkehr in dem, was ich tue, kein Erinnern, kein Erwachen. Keine Wahrheit in dem, was ich verschweige. Keine Wunden mehr, seit ich zu sprechen verlernt habe. Der letzte Schluck wie ein Sturz aus dem Fenster. Grundlos. Bodenlos.
Schlagwort: Wahrheit
Ein einziges Wort
Ein einziges Wort würde genügen – ob als leiser Trost oder Erlösung. Ein einziges, unbedeutendes Wort, das nichts sagt, das zu schwach ist, um einen Stein zu erweichen. Und doch rettet es die Welt. Es könnte ungehört verhallen, verklingen im Staub all der seit Menschengedenken vergeudeten Zeit. Es könnte noch auf den Lippen dieses Augenblicks ersterben. Es könnte im Geschrei der Sterne ertrinken. Dieses eine, einzige Wort wäre zweifellos die Wahrheit. Eine zweite Chance wird es nicht geben.
Haut und Knochen
Haut und Knochen, was ich schreibe, was ich denke, was ich tue, wenn alles verloren ist. Blutleer die Wahrheit auf meiner Stirn. Was bleibt, wenn alles unter den Teppich gekehrt ist. Mit geschlossenen Augen sehe ich, was offenbar ist. Die undurchdringliche Schwärze des Schlafs. Die schimmernde Glut des Abgrunds. Die verlorene Unschuld der Ferne. Was ich bin, wenn alles verschwunden ist. Unendlich nackt: die Sonne über einem sterbenden Traum.
Große Neuigkeiten
Große Neuigkeiten gibt es kaum, wenn man ganz am Rand steht, wo eine kleine Bewegung genügt, um einen Weltuntergang zu verursachen. Man besinnt sich auf das Wesentliche – das immer schon da war, die schlichten Wahrheiten des eigenen Lebens, so zerbrechlich und unbedeutend. Die urtümliche Gewalt eines einzigen Atemzugs. Die bleierne Schwere meiner Lider. Das Beben meines Herzschlags. Das unstillbare Verlangen nach Langeweile.
Wovon ich spreche
Wovon ich spreche, wenn ich nichts sage, weil nichts mehr gesagt werden kann. Wovon ich rede, wenn mir nichts mehr einfällt. Was ich erzähle, wenn alle Geschichten vergessen sind. Wovon ich schweige, wenn alles auf der Hand liegt. Was ist zu tun, wenn der Boden unter deinen Schritten aufleuchtet? Und was, wenn ein Berg dich verfolgt? Worte, die dir zu Füßen liegen, wenn du längst in der Bedeutungslosigkeit versunken bist. Ich verstecke mich zwischen den Zeilen. Nichts hält mich davon ab, die Wahrheit zu erfinden.
Zwei Sonnen
Zwei Sonnen auf dem Weg durchs Sperrgebiet des Glücks, verloren in der Kälte des Weltraums, wo am Ende nur überlebt, wer verbrennt. Ein Körnchen Wahrheit in den Mühlen Gottes, reingewaschen von den Sünden dieser Welt. Ein sterbender Mond im Auge der Erinnerung, das fahle Gesicht einer Unbekannten, schön wie eine Blume, die nach Luft ringt, dort, wo alles nur noch Staub ist und Einsamkeit.
Durch die Wüste
Durch die Wüste meiner Traurigkeit ans andere Ende der Welt. Auf Zehenspitzen, bis zum Hals im Sand. Die Glut der Sonne in meinem Kopf wie ein Lächeln des Todes. Sand in meinen Augen, in meinem Mund. Die unerbittliche Dürre meiner Worte, ungesagt, das Vergessen so trostlos wie der Geschmack der Wahrheit auf meiner trockenen Zunge. Der Himmel – ein Abgrund, der fortwährend meinen Namen ruft. Ich kenne mich selbst nicht mehr, verschollen im Niemandsland der Schwermut.
Wolken
Wolken auf meiner Zunge wie Worte, die keinen Sinn ergeben und dennoch bedeutsam sind. Regen, der sich in meinen Mund ergießt, das erstickende Geschwätz meiner Eingeweide, das Ende einer Welt, deren Herzschlag mein Schweigen war – begraben unter dem schreienden Fleisch der Zeit. Niemand wird mir glauben, dass nichts mehr zu sagen ist. Das Ende der Wahrheit unter den tausend Augen einer schwarzen Sonne.
Wenn der Wind weht
Wenn der Wind weht, wird die Oberfläche einer Pfütze zum Spiegel meines Lebens. Begegnung mit einem Phantom – niemand, der sich selbst erkennt, wenn er sich gegenübersteht. Ein Gespenst, verdammt zur ewigen Unruhe. Ein Fragender, der sich abwendet, um die Antwort nicht zu hören. Niemand, der die Wahrheit wissen will, wenn er ihr ausgeliefert ist.
Licht und Schatten
Licht und Schatten in allem, was uns widerfährt, in allem, was wir tun. Wer in den Spiegel schaut, sieht zwei Gesichter: sein eigenes und das eines Fremden. Unser Leben, das uns so selbstverständlich erscheint, ist nur ein Teil der Wahrheit. Tief verborgen in dem, was wir zu sein glauben, wütet, was uns vernichtet. Wie besessen arbeiten wir an unserem eigenen Ende, während wir uns unsterblich wähnen. Licht und Schatten. Unsere Augen blinzeln im Sonnenlicht, mit den Füßen stecken wir in schwarzer Erde. Sogar in unseren kühnsten Träumen sind wir gefesselt. Wir sind nichts ohne unseren Untergang.