Wolken auf meiner Zunge wie Worte, die keinen Sinn ergeben und dennoch bedeutsam sind. Regen, der sich in meinen Mund ergießt, das erstickende Geschwätz meiner Eingeweide, das Ende einer Welt, deren Herzschlag mein Schweigen war – begraben unter dem schreienden Fleisch der Zeit. Niemand wird mir glauben, dass nichts mehr zu sagen ist. Das Ende der Wahrheit unter den tausend Augen einer schwarzen Sonne.
Schlagwort: Zeit
Ewigkeit
Ewigkeit, das Knirschen unter meinen Schritten, wortlos, unterwegs im Schatten der Zeit. Die große Unbekannte an meiner Seite, schwarz wie das Blut meiner Kindheit, eine Wolke ohne Gesicht, namenlos. Kein Ziel vor Augen, keine Bestimmung. Das Säuseln des Windes in deinem Haar, Flimmern in der Ferne, dein versteinertes Herz, rastlos. Doch das sind nur die blassen Gedanken eines Sterbenden, dem der Rückweg versperrt ist.
Immer weiter
Immer weiter, Schritt für Schritt, einen Fuß vor den anderen setzen, gehen, wo längst kein Weg mehr ist, wo niemals einer sein sollte. Die Zeit drängt, gleichgültig und ohne Erbarmen. Kein Blick nach hinten oder zur Seite. Die Vergangenheit ist außer Kraft. Mein Leben auf ausgetretenen Pfaden in völliger Schwebe.
Kennst du das Land
Kennst du das Land, wo du gestorben bist? Wo die Sonne aufgeht, als sei alles bloß ein Kinderspiel, wo früh am Morgen Nebel durch die verschlafenen Straßen der Stadt zieht wie das Lied eines Betrunkenen. Vögel auf den Dächern der Häuser, gefangen im Traum von schwereloser Ferne. Wo es bei Einbruch der Nacht Licht aus halb geöffneten Fenstern regnet. Worte, Musik einer unbewohnbaren Welt. Man sieht dem Tod nicht in die Augen, ohne zu erblinden. Und man steigt nicht ins Wasser, um an der Oberfläche zu bleiben. Ich tauche ein in den Gesang der Vergänglichkeit, hier, wo die Zeit stillsteht.
Der verlorene Schlüssel
Der verlorene Schlüssel zu meinen Gedanken – längst begraben unter den stampfenden Schritten der Zeit. Wie ein schwerer Sturm fegt das Vergessen über mich hinweg. Was bleibt von gestern außer dem Lachen der Toten? Was bleibt, wenn ich mich von allem abwende? Kein Wissen, nicht die geringste Ahnung. Den Regentropfen ins Innere der Erde folgen oder den Strahlen der Sonne mitten ins Herz des Universums. Einsamkeit. Kein Weg hinaus. Hier und jetzt bin ich ein Gefangener, eingesperrt in die Welt, die ich erschaffe.
Hand in Hand
Hand in Hand, die Augen geradeaus, keine geheimnisvollen Blicke, kein Flüstern und kein Murmeln – vor uns das schwarze Loch, auf das wir zusteuern wie Schiffbrüchige, nur knapp dem Untergang entronnen, glücklich in unserem Halbschlaf, der uns die Träume ebenso vorenthält wie die Wirklichkeit. Keine Engel, die unseren Weg kreuzen, wir sind allein. Die Zeit hat nichts mehr zu sagen – es ist die Stille, die zu uns spricht, der undurchdringliche Schatten unserer Sprachlosigkeit.
Aus dem Ärmel
Aus dem Ärmel geschüttelt ein paar Zeilen, ohne Hand und Fuß, schließlich drängt die Zeit. Und was, wenn es nun doch einer liest? Wenn einer bemerkt, dass diese letzten Worte des Tages ergaunert statt erkämpft sind? Dass sie nicht mit deinem Blut geschrieben sind, nicht einmal mit Tinte? Doch am Ende kräht kein Hahn danach. Die Wirklichkeit des Schreibens rührt an keine Wahrheit. Kein Wort dringt zum Mittelpunkt der Welt vor, kein Gedanke schwingt sich zum Himmel auf. Nur so erkauft man sich das Schweigen.
Dunkler Stein
Dunkler Stein in meiner Hand, das Herz eines Vogels, der noch immer klagend die Welt umkreist, ein schwarzes Loch in seiner Brust, in welchem alle Hoffnung verschwindet, alle Freude, alles Lachen. Seltsamer Glücksbringer. Die Tage verschläft er in einer Schublade meines Schreibtisches, aus dem er sich nachts erhebt wie ein Stern, der den Himmel durchlöchert. Eine neue Welt in eisiger Ferne, bevölkert von den Träumen der Verstorbenen, mit denen sich die Straße vor meinem Fenster füllt. Auf welcher Seite des Spiegels wütet der Tod? Welchen Weg wählt die verlorene Zeit meiner Einsamkeit? Keine Erinerung, die nicht aus einer grauen Wolkenschar gestiegen wäre, kein Zögern, kein Versäumen ohne die Wegweiser der Schuld. Zärtlichkeit des Vergessens, die nackte Ahnungslosigkeit meines Schweigens.
Frohe Botschaft
Frohe Botschaft aus den Untiefen des Herzens: dieses Leben ist noch nicht am Ende. In manche Winkel meiner schmucklosen Behausung verirrt sich das Sonnenlicht wie der Gesang eines Vogels: tröstlich in seinem unverhofften Glanz, den mir die Schwingen der Vergänglichkeit zutragen. An solchen Tagen öffnen sich die Augen wie Blumen, verschlafene Boten des Frühlings an den Steilhängen der Zeit. An solchen Tagen schließen sich Kreise, Märchen werden wahr: endlose Geschichten der Freude und des Friedens. Noch schlägt dieses Herz – wie ein Hund mit dem Schwanz wedelt.
Wolken ziehen auf
Wolken ziehen auf, verdunkeln das lichte Blau des Himmels. Ein Vogel im Sinkflug, das Gezwitscher in den Bäumen verstummt. Für einen Augenblick nichts als Stille, vielleicht ein leises Rauschen, als ob der Lärm dieser Welt zu feinem Staub zermahlen wäre. All die Gedanken der Wachenden, die Träume der Schlafenden – ich höre sie: wie man das Gras wachsen hört, wie man die Zeit vergehen hört im Innern einer Sanduhr. Manchmal, wenn man es am wenigsten erwartet, kommt die Welt zur Ruhe, man könnte meinen: sie steht still – doch es ist wie im Auge eines Sturms. Gespannt warten wir auf die Ankunft des Schlimmeren.